Fehrs-Gilde Verein zur Förderung des Niederdeutschen e.V. www.fehrs-gilde.de

Blätter der Fehrs-Gilde
(Internet-Version)


Fehrs-Gilde, Verein zur Förderung des Niederdeutschen e.V.

Neue Folge Nr. 8 September 2000 Redaktion: Heinrich Kahl


H a r v s t

De Vageln fleegt na 't Süden, de Blomen slaapt all in.
Wat schall denn dat bedüden?
De Vageln fleegt na 't Süden - lütt Swulk, wo wullt du hin?
An 'n Möhl'ndiek nüült in 'n Regen slaaprig de Wichelnboom;
kahl is 't nu allerwegen -
de Wichel nüült in 'n Regen un hett en'n sworen Droom.

Johann Hinrich Fehrs



Inhalt



Aus der Gilde

    1. Johrs-Gaav:
De Malen vun de Gill kriegt dit Johr wedder twee Böker: To 'n eersten vun Hermann Claudius den Band "Unkruut"; dat sünd 95 Gedichten, de de Dichter nalaten hett, de nu 20 Johr na sienen Dood rutkaamt. (Dorto hier wieder ünnen vun Günter Harte sien hoochdüütschen Bidrag "Zu den Gildegaben"). To 'n tweten vun Heinrich Kahl "Swatte Schooster /Schwarzer Schuster", Kurzgeschichten plattdeutsch und hochdeutsch. - Ok dorto hett Günter Harte wat schreben. - Beide Böker sünd in 'n Mai 2000 rutkamen bi den Wachholtz Verlag in Neemünster.

Die Fehrs-Gilde wird in diesem Jahr zwei Bücher verteilen:

1. Hermann Claudius, "Unkruut", Plattdeutsche Gedichte, herausgegeben von Heinrich Kahl: - Wie schön, nun noch ein später Gruß von unserem Hermann Claudius! - Er ist einer unserer größten Poeten, hat sein Leben lang mit "leichter Hand" (hoch- und) plattdeutsche Lyrik (auch viel Prosa) geschrieben. Viele seiner Gedichte sind volkstümlich geworden, viele wurden vertont.

Hermann Claudius hat im hohen Alter einmal gesagt, sein Leben sei "Dasein im Gedicht bis auf den heutigen Tag" gewesen. Das wird mit diesem Buch, mit diesen Versen aus dem Nachlass bestätigt, sein plattdeutsches lyrisches Werk hiermit abgerundet. So wie in "Mank Muern" (1912) Hamburg und seine Menschen lebendig wurden, so ist in "Unkruut" die Natur, die ländliche Umgebung (und gelegentlich ein Nachbar) seiner langjährigen Heimat Grönwohld die Mitte seiner lyrischen Kunst. Auch von diesen Gedichten könnte so manches volkstümlich, so manches vertont werden, ich denke an "Mien Weg", "De Nacht" (als Kanon), "In 'n Schummern", "Uns' Spraak" ...

2. Heinrich Kahl, "Swatte Schooster - Schwarzer Schuster", Wachholtz Verlag 2000. - Fünfzehn Geschichten - stehen in Plattdeutsch auf der rechten Seite, links kann man sie auf Hochdeutsch lesen. Heinrich Kahl erzählt aus unserer Zeit, die bis in die Kriegsjahre zurück reicht. Ernste, nachdenkliche, nachdenkenswerte Begebenheiten werden dargestellt. Die lebendig erzählten, von Zweiergesprächen durchzogenen Einzelschicksale haben oft auch sinnbildlichen Charakter; der Mensch wird beschrieben, auch mit "Schutzengel" ("De grote Helle", "In de Mööt kamen"), mit Glauben im Innersten ("Hannes seggt Dank", "De Baas"), auch der nicht humane, betrügerische, de "Swatte Schooster". Wunderbar verhalten wird von Liebe erzählt in "Ohn Wöör". - Alles gut gestaltete Geschichten unseres Lebens. Ich möchte wünschen, dass auch jüngere Menschen "rechts oder links" lesen und angerührt werden ...
Günter Harte

Einladung zur Jahresversammlung der Fehrs-Gilde:

Am Sonnabend, den 18. November 2000, um 15.30 Uhr in der "Friedenseiche" in Hamburg-Wellingsbüttel, Wellingsbütteler Weg 119

T a g e s o r d n u n g:

1. Regularien:
    1. Bericht des Vorsitzenden
    2. Kassenbericht
    3. Kassenprüfer-Bericht,
    4. Entlastung des Vorstandes
    5. Mitglieds-Beiträge
    6. Wahlen: Schriftführer und Rechnungsprüfer
    7. Verschiedenes
2. Kaffeetrinken
3. Vortrag (mit Lesung):
    "Die frühen und späten plattdeutschen Gedichte des Hermann Claudius"

9. Als neues Gilde-Mitglied
    begrüßen wir: Dr. Eckhard Knuth, Hamburg-Rissen.
10. Kontakte:

Heinrich Thies, Vorsitzender der Gilde, hat Frau Renate Schnack, der Niederdeutsch-Beauftragten des Landes Schleswig-Hotstein, die Arbeit der Gilde geschildert und den neuen Werbeprospekt überreicht. Frau Schnack zeigte besonderes Interesse für die Fähigkeit der Gilde, den Mitgliedern Bücher als Jahresgabe zu überreichen, deren Wert in der Regel den Beitrag der Fehrs-Gilde übersteigt.


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Niederdeutsche Nachrichten (siehe auch: INS-Presse-Dienst)

1.)
Johr för Johr kaamt mehr plattdüütsche Böker op 'n Markt. Dat kann man rutlesen ut den neen "PIB" ("Plattdüütsch in 'n Bookhannel"), de bi dat Institut för nedderdüütsche Spraak mit Help von unsen Vörsitter, H.Thies, un Hans-Ulrich Moll, Arbeitsgrupp Nedderdüütsch för Sleswig-Holsteen, rutkümmt. Dor steiht binnen, dat in de vergangen teihn Johren (1990 bit 2000) rund 1500 plattdüütsche Böker rutkamen sünd, meist vun de Oort, de wi "Belletristik" nöömt. De meisten dorvun as Billigpries-Böker, so dat nich veel Geld dor mit verdeent ward. En ganzen Barg vun de neen plattdüütschen Böker is dacht för Kinner un junge Lüüd, un dorvun ümmer mehr as Obersetten vun Klassikers, so as "Gulliver", "De Schattinsel", "Asterix un Obelix", "Strubbelpeter" un "De lütte Prinz". ('keen dor mehr öber weten will, de kann anfragen bi Dr. Frerk Möller, INS Bremen, Tel 0421/324535).

2.)
De Vörsitter vun den Biraat in 't Bremer Institut, Arne Bruhn ut Moorreeg (Uetersen), hett sick wat utdacht un ok dörchsett: Lütte gröön-witte Schiller mit den Opdruck "Ick snack ok Platt", to 'n Anbacken an de Dören bi de Behörden, hett he dusendfach verschickt. De kost man 25 Penn dat Stück, un se helpt, dat nu Platt ok as Amtsspraak bruukt warden kann. (Tel. Arne Bruhn, 04122/81456 oder 82660).

3.)
De 19. Plattdüütsche Vörlees-Abend bi de Carl-Toepfer-Stiftung in den Lichtwark-Saal, in de Neanderstraat 22 in Hamborg, is an 'n 14. September abends Klock 7. Christa Heise-Batt leest ut ehr un ut anner Böker.

4.)
Sünndag, d. 8. Oktober, Klock 10: Plattdüütsche Gottsdeenst in de Vicelin-Kark in Norderstedt, Glashütter Damm, mit Boy Lornsen sien "Schöpfung un wat achterna keem" (Rezitation: Christa Heise-Batt).

5.)
Sünnabend, den 21. Oktober, Klock 5: "Plattdüütsch in de Schummertiet" in dat Plattdüütsch-Zentrum in Ratzeborg, Domhof 41: Dor ward de Böker "Unkruut" un "Swatte Schooster" vörstellt.

6.)
Bi Fro Gisela Claudius (Tel.04154/5077), Hermann-Claudius-Weg 16, 22956 Grönwohld, gifft dat noch Hermann Claudius sien "Plattdüütsche Gedichten" (Jubiläums-Utgaav Bd. III - 355 S.) för 40,- DM incl. Porto un Verpackung!


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Heinrich Kahl, Ein Claudius-Gedicht im Unterricht

Dor de Boom

Dor de Boom
mit de deepe Kroon,
un dor ünner de Eer,
swatt, as geev dat keen'n Heven mehr.
Un den enkelten Telgen, sühst du em nich?
He kann nich an 't Licht.
Man he mutt an 't Licht.
Un höllt em de duuster Kroon ok torüch,
he winnt sick
un schinnt sick,
he reckt sick
un streckt sick,
he röögt sick
un böögt sick
un höögt sick. - Kiek!
Mit dat bütelst lütt Blatt
drink ick al wat,
drink ick al wat
vun 't Licht! - -
Sühst du dat nich?

Mit diesem Gedicht aus der Sammlung "Lieder der Unruh" (1920), jetzt in Hermann Claudius' Jubiläums-Ausgabe Bd. III, Plattdeutsche Gedichte, S. 124, wurde zwei Monate nach Schuljahresbeginn in einer Hamburger Realschulklasse (7. Schuljahr) gearbeitet. -

1. Stilles Lesen und Erfragen unbekannter Wörter und Redewendungen

Die Schüler bekommen das Gedicht auf einem Arbeitsblatt und werden aufgefordert, den Text still zu lesen, unbekannte Wörter und Redewendungen zu unterstreichen und zu erfragen.
Sie fragen unter anderem: "Was heißt "deepe"? - "swatt"? - "Heben"? - "geev"? - "enkelten Telgen"? - "höllt"? - "torüch"? - "winnt"? - "schinnt"? - "röögt"? - "höögt"? - "böögt"? - "bütelst"?" - Soweit möglich, werden Worterklärungen von Schülern gegeben. (Das stärkt das Selbstvertrauen und fördert das Ansehen bei den Mitschülern.) In einigen Fällen bringen die Schüler Übertragungen, die den/die Lehrer/-in überraschen; zum Beispiel für "winnt" "wendet" (statt des erwarteten "windet"), für "röögt sick" "regt sich" (statt "rührt sich").
Wo der Lehrer/die Lehrerin helfen muss, werden nicht kurzschlüssig hochdeutsche Vokabeln gegeben, sondern es wird ein Ansatz gesucht für erschließendes Erklären; zum Beispiel bei "deepe": "Denkt an ein englisches Wort!" - Schüler: "deep". Also: "deepe" heißt "Tiefe"." - Zu "Heben": "Vergleiche englisch "Heaven"."
Schüler: "Was heißt "bütelst"?" - Lehrer: "Buten" heißt "außen"." -
Schüler: "Dann heißt "bütelst" "äußerst"."
Die erklärten Ausrücke schreiben die Schüler an den Rand des Arbeitsblattes. Für diesen Teil der Unterrichtseinheit werden rund 15 Minuten benötigt.

2. VorIesen

Bisher sind bereits so viele plattdeutsche Wörter, Ausdrücke und Teilsätze laut geworden, dass ein Vorlesen gewagt werden kann (Ein unvorbereitetes lautes Lesen würde nur zu leicht zu Misserfolgserlebnissen führen!) Es meiden sich zahlreiche Schüler, die es versuchen wollen. Um vielen Schülern Gelegenheit zu geben, lesen zunächst 20 Schüler je eine Zeile. Vorher macht der Lehrer darauf aufmerksam, dass er unter Umständen kurz unterbrechen wird, um die Aussprache einzelner Wörter zu korrigieren. An wenigen Stellen werden Korrekturen nötig, zum Beispiel bei "winnt" und "schinnt" die Oberlänge des -nn; bei "streckt" das Beachten des "s-tr" (nicht "schtr"!); bei "röögt", "böögt" und "höögt" sowohl die Beachtung des diphthongierten Umlautes (-öi), als auch des -g als Reibelaut (-ch).

3. Zusammenhängendes Lesen und Übertragen ins Hochdeutsche

Das Gedicht wird danach einmal im Zusammenhang gelesen, dann ins Hochdeutsche übertragen, um sicher zu gehen, dass keine Missverständnisse bleiben.

4. Arbeit am Text und Gliederung

Jetzt werden Schüler aufgefordert, Gliederungsvorschläge zu machen und diese zu begründen. Die Schüler schlagen folgende Absätze vor:
- Nach der 4. Zeile: ("Hier beginnt ein neuer Gedanke.")
- Nach der 7. Zeile-. ("Hier beginnt ein langer Satz mit vielen Aufzählungen.")
- Nach der 15. Zeile: ("Hier beginnt auch etwas Neues, nämlich eine direkte Rede".) - Lehrer: "Also setzen wir Redezeichen."
Die Gliederungsvorschläge, ebenso die Anführungszeichen, werden auf dem Arbeitsblatt eingetragen, danach wird noch einmal laut gelesen, die erarbeitete Gliederung dabei berücksichtigt. - Auf diese Weise gewinnt der gesprochene Text Profil.

5. Nachdenken über den Sinn (Gehalt)

Der Lehrer fordert die Klasse auf, eine Minute still über das Gedicht nachzudenken und eine Antwort zu finden auf die Frage, welches Thema hier angeschlagen und welcher Sinn zu entdecken ist. Die Schüler nennen folgende Gedanken als Thema des Claudius-Gedichtes, die der Lehrer an die Tafel schreibt:
- "Wie ein Baum wächst"
- "Ein Baum will ans Licht"
- "Wie er ans Licht kommt"
- "Der Kampf ums Licht"
- "Wie einer sich durchsetzt"
Nachdem die Wörter "er" und "einer" unterstrichen wurden, fragt der Lehrer: "Welchen Sinn können wir hinter den Zeilen des Gedichtes entdecken?" - Die Schüler nennen:
- "Der Kampf ums Dasein"
- "Wie einer sich in der Gruppe behauptet'
- "Wie auch der Schwache sich durchsetzt und ans Ziel kommt"
- "Einer, der nach oben will"
Damit ist ein Ziel der Arbeit an und mit dem Text erreicht, nämlich von der Beschäftigung mit dem Inhalt zum Gehalt (Sinn) des Textes vorzudringen. Die Betrachtung der Form konnte in dieser Stunde nicht mehr zu Ende geführt werden. Ebenso musste das Aufspüren der Zusammenhänge zwischen Form und Inhalt/Sinn aus Zeitgründen unterbleiben.

- Eine Betrachtung der Lautgebung müsste unter Umständen dazu führen, dass Schüler selbständig das Korrespondieren von Form und Sinn entdecken.

6. Bilanz der Unterrichtsstunde

Die erfolgreiche Suche nach dem Sinn dieses Gedichtes, die Formulierung des "Themas" durch die Schüler verweist uns deutlich auf die didaktische Begründung: Die Absicht des Dichters, mit dem Gedicht ein Bild des Strebens nach Anerkennung und Freiheit zu geben, trifft auf die bedrängte Lage mancher Schüler, auf die Stellung einzelner in der Klasse, in der Lernkonkurrenz und Leistungsdruck entstanden sind. Aber dies Gedicht von Hermann Claudius (einem Lehrer, der zur Generation der Reformpädagogen zählt), zwingt uns nicht in eine hoffnungslose Betrachtung dieser Situation, es führt uns nicht in die Auswegslosigkeit. Vielmehr ermutigt es denjenigen, der um Anerkennung ringt. Das Gedicht stärkt dem Schwachen den Rücken. Indem Schüler das Gedicht bedenken, die Situation des mit Erfolg nach oben Strebenden vergegenwärtigen, treffen sie auf ihre persönliche Lage, über die sie an Hand des Textes zu positiven Aussagen kommen. - Die Wirkung dieses Gedichtes ist demnach eine therapeutische, und ein Geheimnis erfolgreicher Erziehungs- und Bildungsarbeit besteht darin, nach solchen Gelegenheiten Ausschau zu halten und sie herbei zu führen. Wer erziehen will, muss helfen, Hoffnung zu wecken. Das, so meinen wir, kann mit der Arbeit am Text von Hermann Claudius erreicht werden.


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De Plattdüütsche Kalenner 2001 vun Wachholtz is en Wandkalenner mit twölf basige Biller, Farv-Fotos ut Sleswig-Holsteen. He wiest uns de Maanden, un op jeedeen Blatt steiht ok noch en Gedicht vun Heinz-Richard Meyer.
Disse Kalenner, de sick ok heel goot as en lütt Mitbringsel bruken lett, de wiest uns Biller ut uns' Heimat-Region, un he helpt uns, dat wi uns' Heimatspraak un de plattdüütschen Naams vun de Wekendaag nich vergeet. - De Plattdüütsche Kalenner 2001, ISBN 3-529-04944-1 - 19,80 DM


Bidrääg:

1.
Joachim Wergin, Hermann Claudius' "UNKRUUT",
plattdeutsche Gedichte, herausgegeben von Heinrich Kahl...

Hermann Claudius hat ein umfangreiches, in vielen kleinen Einzelbänden verstreutes Werk hinterlassen... Mit diesem jetzt herausgegebenen Band plattdeutscher Gedichte erfährt das lyrische Werk des 1980 verstorbenen Dichters erst seine Abrundung. 95 Gedichte sind in dem Buch zusammengefasst, von denen der größte Teil 1967/68 von Hermann Claudius selbst zusammengestellt worden ist. Die übrigen wurden danach nur noch in regionalen Zeitschriften veröffentlicht.
Etwa ein Drittel seines lyrischen Werkes ist plattdeutsch, weswegen er dann und wann auch in die Schublade "Heimatdichter" gesteckt wurde. Sein Werk geht aber weit darüber hinaus und ist durchaus an seinem berühmten Vorfahren Matthias zu messen. Hermann Claudius selbst hat seinem Buch den merkwürdig erscheinenden Titel Unkruut gegeben, und in dem ersten Gedicht begründet er auch warum:
Unkruut heet mien Book. / Dat is woll nich klook. / Man mi freit, / wat so vun sülven / an 'n Weg sick utseit.
Mang Gröön un Gröön un Gröön / blaag un root un geel, / de Natur ehr Speel - / wunnerschöön!
Gor nich klook: / Unkruut heet mien Book.

Das ist so typisch Hermann CIaudius, humorvoll und tiefsinnig, dass es für den ganzen Band stehen kann. So täuscht man sich auch sehr, wenn man meint, dass aus dem Nachlass nur noch die schwächeren Arbeiten der Vollständigkeit halber zusammengefasst werden. Man findet hier vielmehr noch einmal den ganzen Hermann Claudius, weise und in sicherer Erwartung eines seligen Endes.
To Lüttensee
Hüüt stünn ick op de Steed / mit beide Fööt, / neem ick mal liggen schall, / un föhl de Eer / un stünn un keek ümher.
Dat do ick denn nich mehr.
Mi weer / as müss ick allens, wat rundüm dor gröönt un bleiht / deep in mi bargen för de Ewigkeit.

Das Buch "Unkruut" gehört nicht nur in den Bücherschrank, sondern eher auf den Nachttisch eines jeden Literaturinteressierten.


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2.
Waldtraut Feldtmann, Ist Plattdeutsch in?

Als ich vor einigen Jahren in London war, habe ich "Foyls" besucht, den größten Buchladen der Welt und den einzigen, der drei Rolltreppen hat, wie man mir versicherte. Das traf wirklich zu. Jedes Land der Erde hatte hier seinen Raum, der seine Schriftkultur widerspiegelte, und der Gesamteindruck war für mich überwältigend. Ich tauchte unter im Meer der Bücher und ließ Buckingham Palace sausen. Im Eingangsbereich lagen Stöße von gelben Büchern, die aussahen wie die von Langenscheidt. Es waren auch Wörterbücher, aber mit für mich verblüffenden Titeln: Englisch-Amerikanisch, Englisch-Walisisch, Englisch-Schottisch, Englisch-Amerikanisch ... Ich fing an zu blättern. Die Orthographie war überall gleich, die Lautschrift jedoch von Land zu Land verschieden. Hier wurde mir blitzartig klar, dass die Orthographie die Englisch sprechende Welt zusammenhält und dass man dafür etwas getan hatte.
Wieder zu Hause, bekam ich einen plattdeutschen Text in die Hand, der nach den Rechtschreibregeln von Johannes Sass erstellt worden und leicht lesbar war. Sofort dachte ich an die englischen Wörterbücher, und ich begriff, dass wir im niederdeutschen Raum ein solches Band auch brauchen: eine einheitliche Rechtschreibung, die jeder so lesen kann, wie er seine Sprache im Ohr hat, (wenn er sie denn noch im Ohr hat)!
Dr. William Keel von der Universität Kansas, der auf dem plattdeutschen Seminar in Grundhof dieses Jahres einen Vortrag vor Plattdeutsch sprechenden Amerikanern und Schleswig-Holsteinern hielt, sagte, dass man in den Staaten des Mittelwestens sich mit großem Ernst bemühe, Plattdeutsch der verschiedenen Dialekte auf Tonbänder zu speichern, um es dadurch vor dem Aussterben zu bewahren. Er appellierte dabei an deutsche Studienabgänger, die Plattdeutsch sprechen, herüber zu kommen, um ihnen bei dieser großen Arbeit zu helfen. Sie würden gebraucht!
Einer der amerikanischen Gäste war Glenn Sievers, ein alter Farmer aus der Gegend von Davenport. Er sprach ein ganz reines altes Plattdeutsch, völlig ohne Anglizismen oder andere Anleihen, genau so, wie er es als Kind von seinen Großeltern gehört hatte. "Aber", sagte er zu mir, "ick kann nich Plattdüütsch lesen!" Ich gab ihm die Geschichten von Paul Trede in die Hand. Er wollte erst nicht richtig ran, machte dann aber doch einen Versuch - erst leise und dann laut, bis er ziemlich fassungslos ausrief: "Dat kann ick lesen!" ... Warum konnte er dies Platt lesen? Es ist nur so zu erklären, dass Paul Trede vor hundert Jahren seine Werke in genau der plattdeutschen Version aufgeschrieben hat, die seine (Sievers') Großeltern nach Amerika mitgenommen und an ihren Enkel weitergegeben hatten. Ihm war der Klang im Ohr geblieben, bis er nun plötzlich gebraucht wurde.
Einer meiner Briefpartner - er ist Japaner - hat vor Jahren Germanistik studiert und möchte nun Plattdeutsch lernen, scheitert aber immer wieder an den fehlenden Rechtschreibregeln. Hätten wir solche, dann könnte er wenigstens plattdeutsche Texte lesen. Sie zu sprechen lernte er dann von Tonbändern. Er ist ein großer
Verehrer von Theodor Storm und besitzt dessen Werke in Deutsch und in Japanisch. Er möchte nun plattdeutsche Dichter kennen lernen, verzweifelt aber an dem Wirrwarr der Schreibweisen.
Plattdeutsch ist wirklich "in" - weltweit - aber wir müssen diesen Zustand nun nutzen, um alles zu tun, damit das Erlernen dieser Sprache leichter wird. Dazu brauchen wir ganz schnell für alle Plattschreiber verbindliche Rechtschreib-Regeln. Die Zeit ist günstig dafür. Wenn wir es verpassen, haben wir es uns selber zuzuschreiben, wenn unsere niederdeutsche Sprache nicht überlebt. - -

Soweit der interessante Bericht von Frau Feldtmann. - Die Fehrs-Gilde hat nicht nur vor über 40 Jahren dazu beigetragen, dass die Rechtschreib-Regein von Johannes Sass gedruckt und ihre Anwendung von Vertretern aus Schieswig-Holstein, Hamburg, Bremen, Niedersachsen und Oldenburg vereinbart wurden - die Fehrs-Gilde betont auch immer wieder die Notwendigkeit einer einheitlichen und praktikablen niederdeutschen Orthographie. - Ein Wildwuchs in der Schreibung niederdeutscher Texte erschwert das Lesen und schadet dadurch nicht nur der Verbreitung niederdeutschen Schrifttums, sondern trägt sogar dazu bei, das Überleben der niederdeutschen Sprache noch weiter in Frage zu stellen. HK


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Maak mit bi de Fehrs-Gill

Vun nix kümmt nix, un jede gode Saak mutt stütt warrn. So is dat ok mit enen Vereen, de en gode Saak vöran bringen will. Uns' Littmaten ward gauer oolt, as frische achteran kaamt. Dree Generatschonen al helpt de Fehrs-Gill bi nedderdüütsche Spraak un Literatur. Nu abers staht wi an 'n Anfang vun en nees Kapittel:

Plattdüütsch steiht op de Rode List, tosamen mit rore Tieren un Planten.
Keen nu nich will, dat disse Spraak utstarvt, de mutt wat doon:
- Faat an, wat dien Vör-Öllern anfungen hebbt!
- Laat dat Band mang güstern un hüüt nich afrieten!
- Kumm to de Fehrs-Gill!

Keen mitmaken will, de ward Lidmaat vun de Fehrs-Gill.


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Die Neue Folge der Blätter der Fehrs-Gilde erscheint seit Juli 1998 mehrmals im Jahr und wird herausgegeben vom Vorstand. Meinungen und Beiträge an die Geschäftsstelle der Fehrs-Gilde, Gerhart-Hauptmann-Weg 17, 21509 Glinde.
oder per eMail an: redaktion@fehrs-gilde.de

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